Leseproben
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Das Samtkästchen
Neue Betthupferlgeschichten
Das Samtkästchen
Edith geht wie jeden Tag im Wald spazieren. Heute ist ein besonders schöner Tag und sie genießt es, an der Luft zu sein. Nach einer Stunde kommt sie zu ihrem Lieblingsplatz. Sie setzt sich auf die Bank, trinkt einen Schluck aus der mitgebrachten Flasche und isst ein Bonbon. Von hier aus hat man ei-nen wunderbaren Blick hinunter auf die Stadt. Wie schön ist es doch hier. Die ersten Frühlingsblumen stecken ihre Köpfchen neugierig aus der Erde und die Vögel zwitschern ihr ein Ständchen.
Nach zehn Minuten steht sie gut gelaunt auf, um ihren Spaziergang fort-zusetzen. Als sie das Bonbonpapier in den Papierkorb wirft, fällt ihr Blick auf ein kleines rotes Samtkästchen, das daneben liegt. Sie hebt es auf und öff-net es vorsichtig. Innen liegt eine Bro-sche, die wie ein Blumenstrauß ge-formt ist. Die Blüten sind mit kleinen Rubinen besetzt und die Blätter mit Smaragden. In der Sonne beginnen die Steine zu leuchten.
Nachdenklich steckt Edith das Kästchen in ihre Jackentasche. Wer es wohl hier oben verloren hat, überlegt sie. Ich werde es am besten zum Fundbüro bringen. Während sie weitergeht, kommt ihr eine andere Idee. Edith geht zur örtlichen Tageszeitung und setzt eine Anzeige auf:
Kleines Samtkästchen gefunden!
Darunter setzt sie die genaue Zeit und den Fundort, auch ihre Telefonnummer. Ganz bewusst teilt sie nicht mit, was in dem Kästchen ist. Wer weiß, wer sonst alles den Schmuck „verloren“ hat, denkt sie sich. Wenn sich niemand meldet, kann ich es immer noch zum Fundbüro bringen.
Am Samstag erscheint ihre Anzeige und wie erwartet, steht das Telefon nicht still. Auf ihre Frage, was denn in dem Kästchen enthalten sei, bekommt sie fast immer die Antwort, es wäre ein Ring gewesen, manchmal war es auch eine Kette. Man gut, dass ich nichts Näheres geschrieben habe, denkt sie sich. Aber es ist wohl doch besser, ich gebe es gleich am Montag ab.
So kommt der Montagmorgen. Gleich nach dem Frühstück steckt Edith das Kästchen in ihre Handtasche, um es zum Fundbüro zu bringen. Da klingelt das Telefon. Nanu, wer hat denn diesmal das Kästchen verloren, denkt sie und lächelt. Am Telefon meldet sich ein Herr. Leise sagt er: „Ich habe gelesen, dass Sie ein Samtkästchen gefunden haben. Das könnte vielleicht meines sein, das ich genau dort verloren habe. Es war rot.“ „Was war denn in dem Kästchen?“, fragt Edith wie immer. „Eine Brosche war darin, in Form eines Blumenstraußes. Die Blüten sind mit kleinen Rubinen besetzt und die Blätter mit Smaragden.“ Na endlich, das war die Antwort, die Edith hören wollte und die Brosche kann wieder ihrem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden. Sie verabreden sich in einem kleinen Café in ihrer Nähe.
Nun sitzt Edith einem freundlichem grauhaarigen Herrn gegenüber. Sie greift in die Handtasche und legt das Kästchen auf den Tisch. Er öffnet es und betrachtet die Brosche darin lange. „Wissen Sie“, sagt er dann langsam, „die Brosche wollte ich meiner Frau zu ihrem fünfundsiebzigsten Ge-burtstag schenken. Der Geburtstag war auf einem Mittwoch und die Feier sollte am Wochenende stattfinden. Ich hatte mir vorgenommen, mit meiner Frau zu dieser Bank zu gehen, um ihr die Brosche zu geben. Es war ihr Lieblingsplatz. Man hat von dort einen herrlichen Ausblick auf die Stadt. Aber es kam nicht mehr dazu.“ „Was ist geschehen?“, fragt Edith mitfühlend. „An ihrem Geburtstag haben wir sie zu Grabe getragen“, antwortet er leise und seine Stimme klingt brüchig. „Das ist nun ein Jahr her. Ich habe lange überlegt, ob ich die Brosche mit ins Grab lege, aber das brachte ich nicht über mein Herz. Ich wollte sie aufbewahren und eines Tages unserer Tochter schenken. Letzte Woche jährte sich der Geburtstag. Und da habe ich das Kästchen in die Manteltasche getan und bin wieder zu ihrem Lieblingsplatz gegangen. Seit damals war ich nicht mehr dort. Ich habe die Brosche betrachtet und mir vorgestellt, wie sie sich gefreut hätte.“ Seine Augen füllen sich mit Tränen. „Und dann haben Sie es verloren?“, fragt Edith. „Wahrscheinlich habe ich das Kästchen daneben gesteckt, als ich es wieder zurück in die Tasche legen wollte“, sagt er traurig. „Ich war so unglücklich, als ich zu Hause bemerkte, dass ich es verloren hatte. Ich bin am nächsten Tag auch noch einmal zurückgegangen, aber ich fand es nicht mehr.“ Er schaut Edith an und ergreift ihre Hände. „Ich bin so froh, dass Sie es gefunden haben. Wissen Sie, heutzutage gibt es nicht mehr viele ehrli-che Menschen.“
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Gereimte Ungereimtheiten
Queerbeet
Vorwort bzw. Klappentext
In diesem Buch kann alles passieren.
Da haucht eine Mücke ihr Leben durch den
Dichterfürsten Goethe aus, ein Pflasterstein verliebt sich in eine
Mauer oder eine Nacktschnecke geht zur Bausparkasse.
Da die Texte bunt gemischt sind, kann man
mitten im Frühling sogar auf den
Weihnachtsmann treffen.
Und dann ist da noch ein
gewisser Herr Krause, dessen Abenteuer
man im Anhang verfolgen kann.
Kurzum, nichts ist unmöglich.
Achtung!
Zu Risiken und Nebenwirkungen
fragen Sie nicht Ihren Arzt,
sondern die Autorin.
Die Mücke
Ich hab’ mit Goethe ’ne Mücke erschlagen.
Ich konnte ihr Surren nicht mehr ertragen.
Dann stach sie mir noch ins Gesicht.
Ich dacht‘, das überlebst du nicht.
Ganz leise schlich ich zum Regal,
auf Goethe fiel dort meine Wahl.
Sie saß an der Wand und ich schlug zu.
Ach, wie herrlich, nun war endlich Ruh’.
Ich bin Humanist, selbst wenn ich töte.
Darum starb die Mücke unter Goethe.
Interview mit Frau Holle
Jeder denkt, ob Groß, ob Klein,
Frau Holle lebt für sich allein.
Ist das vielleicht ein Märchen nur?
Ich kam der Wahrheit auf die Spur.
Ich hab’ im Kaufhaus sie entdeckt.
Da war die Neugier gleich geweckt.
Sie kaufte, sah ich mit Befremden,
Rasierzeug, Bonbons, Oberhemden?
..........
Die Abenteuer des Herrn Krause
Herr Krause geht spazieren
(in meiner Heimat Hildesheim)
Erster Teil - Es geht los
Herr Krause will spazieren geh’n,
sich Hildesheim genau beseh’n.
Für diesen Weg, das fällt ihm ein,
muss er ja auch gerüstet sein.
D’rum packt er Bier ein und auch Wurst
für seinen Hunger und den Durst.
..........
Herr Krause fährt nach Meißen
Erster Teil – Die Vorbereitung
Herr Krause will auf Reisen geh’n,
hat Meißen dafür vorgeseh’n.
Weil er einmal gelesen hat,
das wäre eine schöne Stadt.
Sie wäre eine Reise wert,
das Porzellan dort sehr begehrt.
Er recherchiert, denkt, ungeheuer,
das ist mir aber viel zu teuer.
..........
Herr Krause muss zur Kur
Erster Teil – Besuch beim Arzt
Herr Krause muss zum Doktor geh’n,
denn der hat ihn lang nicht geseh’n.
D’rum ruft er in der Praxis an
und fragt, wann er denn kommen kann.
„Kommen Sie gleich morgen nüchtern her“,
sagt man zu ihm, oh, das wird wohl schwer.
..........
Wie die Abenteuer des Herrn Krause weitergehen und noch viele andere Gedichte lesen Sie in diesem Buch.
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Die silberfarbene Gebäckdose
Betthupferlgeschichten
Die silberfarbene Gebäckdose
Wir schreiben das Jahr 1854. Heute ist der 5. September. Dorothea feiert ihren achtzigsten Geburtstag.
Dorothea hat nie geheiratet. Mit sechzehn Jahren traf sie ihre große Liebe. Johannes war zehn Jahre älter und stammte aus reichem Haus. Seine Eltern hatten etwas gegen die Verbindung und Johannes‘ Liebe war nicht stark genug, um sie zu verteidigen. Er trennte sich von ihr. Ein paar Jahre später heiratete er die Tochter eines Geschäftsfreundes seines Vaters. Dorothea hat ihn nie wiedergesehen.
Ihre ganze Liebe schenkte sie nun den fünf Kindern ihres früh verwitweten Bruders Wilhelm. Nun sind auch diese schon Eltern, teilweise Großeltern geworden. Ihr Bruder lebt bei der jüngsten Tochter Johanna, die auch unverheiratet ist. Dorothea ist vor einigen Jahren zur Familie ihrer Großnichte Ingeborg gezogen. Noch immer lässt sie es sich nicht nehmen, im Haushalt zu helfen und auf ihre Urgroßneffen aufzupassen. Ingeborg und ihr Mann haben drei Jungs, eine richtige Rasselbande.
Aber heute soll gefeiert werden. Alle wollen kommen und Dorothea freut sich schon sehr. Ob ich auch meine Lieblingskekse bekomme, überlegt sie. Johanna wird bestimmt welche backen, freut sie sich und ein Lächeln zieht über ihr runzliges Gesicht. Dorothea ist eine Naschkatze und die Mandelplätzchen ihrer Nichte Johanna liebt sie besonders.
Am Nachmittag sind alle versammelt. Es gibt Blumen, Schokolade und natürlich eine große Tüte Mandelplätzchen von Johanna. Davon probiert Dorothea gleich eines. „Oh, sind die lecker, danke“, strahlt sie.
„Aber wir haben ja noch etwas für dich, Urgroßtante Dorothea“, ruft plötzlich Lina, die jüngste der großen Familie und hält Dorothea ein buntes Päckchen hin. Ganz gespannt öffnet Dorothea es. Zum Vorschein kommt eine Silberdose. Natürlich ist es kein echtes Silber, das ist viel zu teuer. Sie ist aus Zinn, doch wunderschön, mit eingravierten Mustern und dem Wort „Gebäck“ auf einer Seite. Auf dem Deckel aber steht die Zahl 1774. „Aber das ist ja mein Geburtsjahr.“ Dorothea hat Tränen der Freude in den Augen und umarmt alle nacheinander.
Kurz vor ihrem fünfundachtzigsten Geburtstag stirbt Dorothea. Bis zuletzt hat sie jeden Tag zwei Mandelplätzchen gegessen. Johanna sorgte dafür, dass die Dose nie leer wurde.
Ja, so könnte es gewesen sein, denkt Hanna und betrachtet die silberfarbene Dose in ihrer Hand. An den Seiten sind reichhaltige Verzierungen zu sehen und etwas verblasst das Wort „Gebäck“. Im Deckel ist die Jahreszahl 1774 eingraviert. Die Dose stammt aus dem Nachlass ihrer Schwiegereltern. Ihr Mann und sie haben immer geglaubt, sie stamme auch aus diesem Jahr.
Kürzlich hat Hanna die Dose von einem Experten begutachten lassen. Dabei erfuhr sie, dass sie nicht 1774 hergestellt wurde, sondern viel später, im neunzehnten Jahrhundert. Sie sei nur ein paar Euro wert.
Verkaufen will Hanna die Dose auch nicht, dazu gefällt sie ihr zu sehr.
Ja, so könnte es gewesen sein, denkt Hanna noch einmal und stellt die Dose zurück auf den alten Messingtisch, den ihr Mann vor vielen Jahren aus einem Nachlass erworben hat.
Was der wohl für eine Geschichte hat?
(Die Geschichte über das Messingtischchen ist ebenfalls im Buch enthalten.)
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Es ist Zeit, zu träumen
Gutenachtgeschichten
Emma und Klaus
Emma ist ein fröhliches Möwenmädchen. Den ganzen Tag fliegt sie über das Meer und freut sich über die Sonne und den Wind. Und sie hat immer Hunger. Wenn sie ein Fischlein entdeckt hat, fliegt sie schnell hinunter, um es mit ihrem Schnabel zu fangen.
Aber leider ist Emma auch sehr verträumt und so sind die anderen Möwen meistens schneller. So kommt es, dass sie manchmal den ganzen Tag keinen Bissen im Schnabel hat. „Selbst schuld“, lachen die anderen Möwen sie aus, „warum träumst du auch immer vor dich hin.“ Doch Emma lässt sich ihre gute Laune nicht verderben. Ich werde schon etwas finden, denkt sie fröhlich und fliegt einfach zum Imbissstand. Dort werden leckere Fischbrötchen verkauft und es fällt immer etwas für sie ab. Die Touristen freuen sich über die kecke Möwe und geben ihr gern etwas von ihrem Imbiss.
Eines Abends, Emma ist gerade wieder am Imbissstand gelandet, sieht sie eine andere Möwe. Nanu, denkt sie, wer macht mir mein Reich streitig? Es ist ein junger Möwerich. „Hallo“, ruft er ihr zu, „ich bin Klaus, und wie heißt du?“ Wenn Möwen rot werden könnten, wäre Emma nun rot geworden. Verlegen antwortet sie: „Ich bin Emma, ich werde oft ausgelacht, weil ich so verträumt bin.“ „Ach, davon kann ich ein Lied singen“, entgegnet Klaus. „Ich träume auch immer vor mich hin. Deshalb suche ich mir das Futter bei den Menschen, denn meine Kameraden sind immer schneller als ich.“
Von nun an fliegen Emma und Klaus gemeinsam über das Wasser und halten Ausschau nach Fischlein. Und wenn sie wieder einmal zu langsam waren, flattern sie zum Imbissstand und lassen sich von den Touristen verwöhnen.
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PLATTGEMACHT !!!
Vorwort
Die Idee zu dieser Geschichte hatte mein verstorbener Mann. Er hat sich von mir gewünscht, dass ich sie schreibe und ich antwortete ihm, ich kann das nicht, denn zum damaligen Zeitpunkt habe ich nur Lyrik geschrieben.
Und dann, nach seinem Tod, schrieb ich die Geschichte doch. Mit einem Mal kamen die Worte wie von selbst und ich habe dabei viel an ihn gedacht.
Ich wusste zu Anfang nicht, ob ich sie jemals veröffentliche. Aber ich glaube, ich bin es ihm schuldig.
Kommissar Friedrich Stern schüttelt mit dem Kopf. So etwas hat er in seinem ganzen Berufsleben noch nicht gesehen. Vor ihm liegt ein roter Blechhaufen, der wohl mal ein Auto war. Die Marke kann man nicht mehr erkennen. Das Fahrzeug ist platt wie eine Briefmarke. Dahinter stauen sich mehrere Fahrzeuge, die aufeinander gefahren sind.
Aus dem ersten Wagen steigt ein völlig verwirrter Mann. „Herr Kommissar, ich habe keine Schuld“, stammelt er, „ich habe vor Schreck gebremst, als ich die Flunder vor mir sah und dann sind die anderen Autos auf mich drauf gefahren.“
Kommissar Stern beruhigt ihn. „Wahrscheinlich hätte jeder andere auch auf die Bremse getreten, das ist eine ganz natürliche Reaktion. Nur gut, dass keiner ernsthaft verletzt ist. Außer vielleicht der Fahrer dieses….“, er zögert und zeigt auf das flache Etwas vor ihm. „Vielleicht konnten eventuelle Insassen fliehen. Sonst hatten sie keine Chance. Es sieht aus, als ob eine Dampfwalze über den Wagen gefahren ist.“
In diesem Moment fährt ein Abschleppwagen vor und parkt an der Seite. Ein junger Mann im Overall steigt aus. „Na Chef, gibt es wieder etwas zu tun für mich?“, sagt er betont lässig. Dann sieht er auf den demolierten Wagen und wird leichenblass. „W….was ist das?“, stammelt er. „Soll ich den etwa noch abschleppen?“
Kommissar Stern antwortet ihm: „Bringen Sie diesen traurigen Rest zur kriminaltechnischen Untersuchungsstelle. Und beruhigen Sie sich, Sie haben doch sicher schon oft schwere Unfälle gesehen. Und sorgen Sie dafür, dass die anderen Wagen abgeschleppt werden, soweit sie nicht mehr fahren können.“ „Ja, ja, natürlich, ich rufe gleich in der Firma an. So etwas, nein aber auch.“ Der Fahrer ist noch immer blass. Doch langsam beruhigt er sich, steigt in seinen Wagen und lässt den Abschleppkran herunter. Dann nimmt er das Fahrzeug und hievt es vorsichtig auf seinen Anhänger. Schnell fährt er an, als sei er froh, diesem Grauen entkommen zu sein.
.........
Der Kellner bringt die Getränke. Der Cocktail schmeckt wunderbar fruchtig. „Erzählen Sie doch ein wenig von sich“, fordert Max Claudia auf. „Da gibt es nicht viel zu erzählen.“ Claudia hat kaum den Satz beendet, als ihr Handy klingelt. „Ja, bitte?“, Claudia wird blass. „Ich bin sofort da, Chef.“ Dann wählt sie auch schon den Taxiruf. „Es tut mir leid, ich muss weg.“ „Ist wieder etwas passiert?“ Ganz kann Max Hahn den Reporter nicht verleugnen. „Ich, ich… darf darüber nicht reden. Wir holen den Abend nach, versprochen.“ Dann läuft sie zur Tür und lässt einen verblüfften Max zurück. Ganz kurz zögert er. Doch er ist Reporter und von Haus aus neugierig. Er ruft den Kellner, bezahlt die Cocktails und eilt zu seinem Wagen. Sicher ist wieder etwas passiert an derselben Stelle. Claudia wird sich wohl zuerst zu Stern fahren lassen. Wenn ich mich beeile, bin ich vorher da und habe exklusive Fotos. Er weiß, dass er damit die gerade beginnende Beziehung aufs Spiel setzt, aber sein Reporterinstinkt ist stärker. Er steigt in seinen Wagen und rast los.
Kurze Zeit später hat er den Autobahnabschnitt erreicht. Er parkt das Auto ein paar Meter vorher und schleicht sich heran. „Um Gottes Willen“, weiter kommt er nicht. Mit schneeweißem Gesicht übergibt er sich mitten in die Absperrung.
„Sind Sie wahnsinnig geworden? Verschwinden Sie, aber sofort. Woher wissen Sie, was hier los ist?“ Dr. Grausig läuft wütend auf Max zu. Der wankt zu seinem Auto und fährt in rasantem Tempo davon. Nur weg, denkt er. Erst später fällt ihm ein, dass er kein Foto gemacht hat. Wenige Minuten später treffen Friedrich Stern und Claudia Braun ein. „Ah, unser junger Freund vom Abschleppdienst ist wohl schon da?“, frotzelt Stern mit Blick auf die Überreste aus Max Hahns Magen. „Nee, Stern, heute brauchen wir höchstens eine Schaufel. Aber hier hatte sich ein junger Mann angeschlichen. Doch er kann wohl nicht allzu viel vertragen. Er kam mir bekannt vor. Ich glaube, er war heute bei der Pressekonferenz.“ Stern blickt Claudia ernst an. „Haben Sie Hahn irgendetwas gesagt?“ „Nein“, beteuert Claudia, „aber wir haben gerade zusammen etwas getrunken, als Ihr Anruf kam. Und er kann wohl ein und eins zusammenzählen.“ „Ich kann Ihnen den Umgang mit diesem Reporter nicht verbieten“, entgegnet Stern, „Sie sind alt genug. Aber seien Sie bitte vorsichtig.“ Dann wendet er sich an Dr. Grausig: „Zeigen Sie uns nun die neue Bescherung?“ „Ihnen herzlich gern“, antwortet Dr. Grausig, „aber Ihrer jungen Kollegin sollten Sie den Anblick wirklich ersparen.“ Claudia dreht sich wortlos um und geht zum Wagen. Sie ist wütend auf Max Hahn, der ihr Vertrauen missbraucht hat. „Kommen Sie“, sagt Dr. Grausig und führt Kommissar Stern nach vorn. Die Stelle ist mittlerweile großflächig mit einer Plane abgedeckt. Dr. Grausig hebt sie an und Stern weiß in diesem Augenblick, dass er nie wieder ein Mettbrötchen essen wird.
Der Holzwurm in der Eichenuhr
frisst seit Jahrzehnten Eiche pur.
„Jetzt hab’ ich’s satt“, denkt er, „ich suche
mir einen schönen Schrank aus Buche.“
Ein Kamel trägt einen Scheich,
ziemlich dick und ziemlich reich,
keuchend durch die Mittagshitze.
Und es denkt: „Oh, wie ich schwitze.
Verdammt, ich hab’ doch auch ’ne Würde,
warum werf’ ich nicht ab die Bürde?
Ich weiß nicht, warum ich mich quäl’.
Ach ja, ich bin schon ein Kamel.“
Aus "Die alte Standuhr und andere Geschichten"
Die titelgebende Geschichte ist sehr lang, darum hier nur ein kleiner Ausschnitt
Die alte Standuhr
Es war einmal eine alte Standuhr. Ihr ursprünglich ebenholzfarbenes Kleid aus edlem Holz war mittlerweile angegraut und verschmutzt. Sie stand in der hintersten Ecke eines Antiquitätenladens. Niemand achtete auf sie, keiner wollte sie haben.
Dabei hatte sie wirklich schon bessere Zeiten erlebt, denn sie war schon zweihundert Jahre alt.
Seufzend dachte sie an alte Zeiten zurück. Sie träumte:
Die müden Wanderstiefel
Heike nahm ihre Wanderstiefel, die ihr viele Jahre gute Dienste geleistet hatten, aus dem Schuhregal und stellte ein Paar glänzende neue in die entstandene Lücke. „Ihr habt ausgedient“, dachte sie. „Ihr seht ganz schön schäbig aus und bei der letzten Wanderung habe ich schon Angst gehabt, ich verliere einen Absatz.“ Sie gab die Stiefel in einen Beutel, um sie zum Sammelcontainer zu bringen.
„Nanu?“, die Stiefel sahen sich erstaunt an. „Wieso ist es mit einem Mal so dunkel?“. Sie fürchteten sich und fassten sich ängstlich bei den Schnürsenkeln.
Kurz darauf ging Heike in die Stadt und nahm den Beutel mit den alten Stiefeln mit. Heike war nicht sehr groß und die Klappe vom Container war ziemlich hoch angebracht. Mühsam erreichte sie den Griff und schüttete den Beutel aus. Dabei übersah sie, dass die Stiefel daneben fielen. Sie packte den Beutel ein und ging fröhlich vor sich hin summend weiter.
Die Stiefel aber landeten auf dem Boden. „Wir sind frei“, riefen sie fröhlich. „Was machen wir nun?“. „Erst mal weg, noch sind wir nicht in Sicherheit“, sagte der rechte Stiefel zum linken. Dann marschierten sie schnurstracks davon. Sie gingen so schnell, wie es ging. Das hatten sie gelernt, denn Heike war eine gute Wanderin. Immer, wenn ihnen jemand entgegen kam, versteckten sie sich.
Bald kamen sie in einen Wald. Hier war es wunderbar schattig und kühl. „Hier können wir uns ausruhen“, dachten sie. „Wir sind in unserem Leben genug gelaufen.“ Sie suchten sich ein verstecktes Plätzchen und machten es sich bequem.
Von nun an rührten sie sich nicht mehr von der Stelle und schliefen Tag und Nacht. Bald waren sie mit Moos überzogen und kaum noch vom Waldboden zu unterscheiden.
Und wer im Wald spazieren geht und ein leises Schnarchen hört, sollte schnell weitergehen und die müden Wanderstiefel nicht in ihrer Ruhe stören.
Das Buch ist in zwei Teile gegliedert:
erzählt von Hanna, die zum 60. Geburtstag allein eine Reise nach Sylt unternimmt, dorthin, wo ihr Mann ein Jahr zuvor seebestattet wurde.
Ohne Dich – Gedanken nach dem Abschied
enthält Gedichte, in denen Hanna ihre Gefühle nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes ausdrückt.
Aus dem erstem Teil des Buches "So'n Schiet aber auch"
..........
Solange waren wir ein Paar, gingen Hand in Hand.
Jetzt bist Du fort und mir wird klar:
Ich hab’ Dich nicht gekannt.
Du warst in uns’rer letzten Zeit
oft so empfindlich, leicht verletzt.
Es gab um Kleinigkeiten Streit.
Den Grund erkannte ich erst jetzt.
Du hast gelitten, hattest Schmerzen.
Doch Deine Angst trugst Du allein,
vergrubst sie tief in Deinem Herzen
und ich konnte kein Tröster sein.
Warum hast Du mir nie vertraut
und hast den Schmerz allein getragen?
War alles nur auf Sand gebaut?
Zu spät – ich kann Dich nicht mehr fragen.
Warum nur sagtest Du kein Wort
und sagtest nie, komm halte mich?
Warum nur gingst Du einfach fort?
Was mache ich jetzt ohne Dich?
Ich bleibe stark – für meinen Mann.
Ich werd’ am Kummer nicht zerbrechen
und nehm’ mein neues Leben an.
Milly, die Theatermaus
Es war einmal eine kleine Maus. Sie hieß Milly und lebte im Theater. Im Orchestergraben hatte sie es sich gemütlich gemacht, denn sie liebte Musik. Im Hohlraum eines Kabelschachtes hatte sie sich ein schönes Heim geschaffen. Dabei achtete Milly sorgfältig darauf, kein Kabel zu beschädigen. Ihr Bett bestand aus einem Lederschutz, den ein Geiger einmal verloren hatte. Ihre Decke war ein hübsches gesticktes Taschentuch, auch ein Fundstück. …..
Wolfgang Amadeus Richard
Das kleine Gespenst Wolfgang Amadeus Richard lebt mit seiner Mutter Constanze in einem großen Theater. Die Mutter liebt Musik und wie man unschwer erkennen kann, ist ihr Lieblingskomponist Wolfgang Amadeus Mozart, den auch schon ihre Mutter liebte.
Aber warum heißt das kleine Gespenst denn Wolfgang Amadeus Richard? Nun, die Antwort ist ganz einfach. Constanze hat ihren Mann, den Vater von Wolfgang Amadeus Richard, sehr geliebt und dieser verehrte wiederum Richard Wagner sehr. So kommt also ein kleines Gespenst zu einem großen Namen. Seine Mutter ruft ihn auch nie mit einer Abkürzung. „So viel Zeit muss sein“, sagt sie immer, „wenn man das Glück hat, drei schöne Namen zu haben, dann sollte man sie auch nennen.“……….
Die letzte Vorstellung
Noch einmal singt er voller Lust
von Liebe, Leid und Schmerzen.
Doch wie sieht’s aus in seiner Brust,
ganz tief in seinem Herzen?
Denn heut‘ verlässt er diese Stadt.
Gern wär‘ er noch geblieben.
Dort, wo man ihn gefeiert hat,
dort, wo ihn alle lieben.
Er hat den Abschied nicht gewollt,
ändern kann er’s nicht.
Und eine kleine Träne rollt
über sein Gesicht.
Dann kommt der letzte Schlussapplaus
und er verneigt sich stumm.
Doch plötzlich sieht er fröhlich aus,
lächelt ins Publikum.
Er hat ja schon ein neues Ziel.
Dort wird er weiter singen.
Für ihn beginnt ein neues Spiel.
Und es wird ihm gelingen.